smart forfour electric drive – Der Große unter den Kleinen
Der Größte unter den Kleinen. Ein smart mit vier Türen. Konzeptverwässerung oder doch zu Unrecht verachtet?
Die Historie
Die Stadt verschwimmt im tiefsten Grau der letzten Regentage und vom nahenden Frühling war noch nicht viel zu sehen. Unser schwarz-grüner smart forfour hat bestimmt vieler solcher grauen Momente in seinem Leben, da er mitansehen muss, in welchen Licht der kleine Bruder fortwo steht. Der kultige kleine Zweisitzer der schon seit 1998 um die Herzen der urbanen Bevölkerung buhlt.
An dieses kultige Image kam der forfour bisher nie wirklich ran. Der erste Marktkontakt im Jahr 2004 hat gar nicht funktioniert und die Idee eines viersitzigen smarts wurde schnell wieder beerdigt.
Gut 10 Jahre später will es smart doch nochmal wissen und belebt die Idee wieder mit neuen Leben. Nun ganz im Stile des kleinen fortwo und drei Jahre später auch endlich mit einem vollelektrischen Modell. So wie es im Grunde von Anfang an geplant war.
Doch braucht die Welt einen viersitzigen smart mit einem teuren E-Antrieb?
Erstmal ein paar Grundfakten zum Kennenlernen
Die zwei zusätzlichen Sitze fordern eine zusätzliche Länge von knapp 80 cm, also 3,50 Meter zu 2,70 Meter. Das ist immer noch weitentfernt von den modernen platzraubenden SUVs und sollte für die meisten Parklücken mehr als ausreichend sein.
Der E-Antrieb mit seinen 60 kW bzw. 82 PS sitzt standartgemäß unter dem Kofferraum und treibt direkt die hinteren Räder an. Das nur 17,6 kWh große Akkupaket findet unter den Sitzen sein Platz. Der Schwerpunkt liegt somit sehr tief, was man auf jeden Fall beim Fahren positiv spürt.
Das außergewöhnliche Motorenkonzept ermöglicht immer noch einen Wendekreis von knapp 9,0 Metern. Die e-up!-Konkurrenz aus dem Hause VW braucht dafür rund einen Meter mehr. Der fortwo steckt hier aber alle weg mit seinen 7 Metern.
Was bieten 5,82 m² Verkehrsfläche?
Wer auf dem Fahrersitz Platz nimmt, merkt erstmal nicht so viel davon, dass er in einem Kleinwagen sitzt. Die Beine und der Kopf hat genug Platz, selbst wenn man über einen 1,80 Meter groß ist. Na gut, der Beifahrer sitzt einem schon kuschelig an der Seite. Aber 1,66 Meter Breite sind nun mal nur 1,66 Meter. Eine gute Verständigung ist damit auf jeden Fall gesichert.
Nun zum besonderen Erlebnis in einem smart: Es dürfen zwei weitere Türen geöffnet werden. Für Erwachsene eher ein Provisorium für die Kurzstrecke. Für Kinder, Einkauf und Gepäck eine Möglichkeit der angenehmen Mitreise, denn hier spielt die zusätzliche Länge ihre Vorteile aus. Wenn die Rücksitze umgeklappt werden, können bis zu 975 Liter transportiert werden. Das reicht euch noch nicht aus, weil ihr im schwedischen Möbelhaus nicht nein sagen konntet? Runter mit dem Beifahrersitz, rein mit den sperrigen langen Kisten, was für ein kleines praktisches Detail.
Überhaupt nicht praktisch ist jedoch die riesige C-Säule. Die Sicht ist somit nach schräg hinten katastrophal. Die Verschluck ganze Fahrradfahrer. Und wenn wir schon mal da hinten sind, können wir gleich über die völlig altmodischen Ausstellfenster meckern. Es bleibt uns ein Rätsel, warum keine versenkbaren Scheiben verbaut worden sind.
In elektrischer Bewegung
Die eher mageren 82 PS reißen keine Bäume aus, sind für die Stadt aber ausreichend. Vor allem die strammen 160 NM, die einem durch den E-Antrieb sofort zur Verfügung stehen, gleichen die Motorleistung wieder etwas aus. Ampelstarts können damit Spaß machen, die Reichweite hingegen leider nicht.
Bereits auf dem Prüfstand sollen es nur 150 km bis 160 km nach NEFZ sein. In der Praxis und an kalten Tagen sind es schnell nahe unter 100 km. Viele Fahrten sind damit schaffbar, doch der Blick und die Sorgen richten sich auf die fallende Reichweite. Kann ich noch schnell oder reicht es dann nicht mehr? Hier wünscht man sich im Alltag eine deutlich höhere Reichweite, entweder durch einen sparsameren Stromverbrauch (immer hin 12,9 kWh pro 100 km, der e-up! verbraucht nach Herstellerangabe nur 11,7 kWh) und/oder einen größeren bzw. effizienteren Akku.
Mit dem serienmäßigen 4,6 kWh Bordlader dauert die Aufladung an die 6 Stunden (von 0% auf 80%), wenn nur eine Haushaltssteckdose zur Verfügung steht. An einer Wallbox bzw. Ladestation reduziert sich die Ladezeit auf 3,5 Stunden. Der seit kurzem optional erhältliche 22 kW Bordlader benötigt an einer geeigneten Ladestation nur noch 40 min, um von 0% auf 80% zu laden.
was kostet die kleine welt des smarts
Soviel gleich schon zu Anfang. Einen elektrischen smart zu erwerben, ist kein preiswertes Vergnügen. Der Einstieg in die elektrische smart-forfour-Welt kostet mindestens 22.600 Euro. Ein vergleichbarer Benziner kostet schlappe 10.000 Euro weniger.
In der Basis finden sich wenigstens schon eine Klimaautomatik, Radio, elektrische Fensterheber vorne, ein Tempomat, ein aktiver Bremsassistent sowie ein Seitenwindassistent. ESP und ABS sind sowieso schon Standard. Für die meisten wird vermutlich die Basisvariante ausreichen.
Die drei Zusatzausstattungen passion (+ 1.390 Euro), perfect (+1.690 Euro) sowie prime (+2.150 Euro) bringen noch viele weitere Annehmlichkeiten mit sich, wie Sitzheizung, Touchscreen mit Navi und mehr. Die Preisliste ist fast 60 Seiten stark, hier kann jeder seinen individuellen smart konfigurieren.
Die meist nicht so hochwertigen Kunststoffe bleiben einem dabei aber jederzeit erhalten. Ebenso wie die fast nicht vorhanden Ablagefächer. Das Smartphone findet einfach keinen wirklichen Platz, wo es bequem mitreisen kann. Daher bietet smart für diesen Fall noch eine optional erhältliche Smartphone-Halterung an, welche jedoch schlappe 100 Euro kostet.
Ein nettes Gimmick sind die Löcher auf den jeweiligen Rückseiten der Vordersitze, welche am Anfang erst einmal komisch wirken. Neben einer klapprigen Ablage für Telefone hat smart hier weitergedacht und die Löcher für einen Anbau von Kleiderbügeln oder Tablet-Haltern gedacht. Sehr praktisch, auch wenn man dieses Zubehör natürlich wieder optional erwerben darf.
Mauerblümchen oder doch ein Star?
Der smart fourfour möchte durch und durch ein größerer smart fortwo sein. Das kultige Image eine Ebene höher transferieren. Doch das schafft er, unserer Meinung nach, nicht ganz. Ein fortwo ist nun mal nur 2,70 Meter lang und kennt eigentlich keine Konkurrenz. Das Konzept ist einzigartig erfolgreich.
Und doch mögen wir den kleinen forfour electric drive. Er passt immer noch in fast jede Parklücke, wuselt sich zielsicher durch die Stadt und wenn man doch mal ein paar Freunde mitnehmen will, muss man nicht gleich in Panik ausbrechen. Der E-Antrieb rundet das Paket ab, auch wenn uns die geringe Reichweite schmerzt. Ebenso wie die vielen kleinen Detailschwächen und der nicht zu verachtende Preis. Für eine echte Liebe reicht es also noch nicht.
Um auf die Einstiegsfrage zurückzukommen: Der fourfour steht eigentlich zu Unrecht im Schatten des fortwo und wir würden ihm einen größeren Erfolg wünschen. Ein smart mit vier Türen kann funktionieren, wenn man ihm Platz für einen eigenen Charakter gibt. Als Kopie wird er wahrscheinlich irgendwann wieder verschwinden.
Technische Daten
Fahrzeugtyp | smart forfour electric drive / Kleinstwagen |
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Bauart | Fremderregter Drehstrom-Synchronmotor |
max. Leistung (kW/PS) | 60 kW / 82 PS |
max. Drehmoment | 160 Nm |
Kraftübertragung | Hinterradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 130 km/h |
Beschleunigung (0 auf 100 km/h) | 12,7 Sekunden |
Energiespeicher | 17,6 kWh |
Gewicht Energiespeicher | – |
Garantie | 8 Jahre oder bis zu 100.000 km |
Reichweite NEFZ / WLTP | 160 km / – |
Verbrauch NEFZ / WLTP | 13,1 kWh / – |
Abmessungen (L x B x H) | 3,50 m x 1,67 m x 1,55 m |
Luftwiederstandswert (cw) | – |
Gepäckraum | 185 Liter bis 975 Liter |
Leergewicht / Zuladung | 1.200 kg / 360 kg |
Kaufpreis ab | 22.600 € |
ladezeit ac (wechselstrom, 1-phasig)
230V / Haushaltssteckdose / 10-80 % | ca. 6 Stunden |
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230V / Wallbox / 10-80 %) | 3,5 Stunden |
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