Kolumne – BMW und der Umschwung auf die E-Mobilität

Was klasse, aber zunächst merkwürdig klingt, ist geschehen. BMW hat angekündigt den Ausbau der E-Mobilität in seinem Unternehmen deutlich zu beschleunigen und zwei Jahre früher als bisher geplant mindestens 13 Elektroauto-Modelle auf den Markt zu bringen – also statt 2025 bereits 2023. Doch reicht das um den großen Abstand zu anderen Herstellern weltweit wieder aufzuholen?


Seit fast einem Dreiviertel-Jahrzehnt gibt es den BMW i3(s)

BMW i3s Schriftzug

Zu Beginn ein, zwei Worte zum BMW i3(s): Der BMW i3(s) kam 2012 auf den Markt und hat sich optisch so gut wie gar nicht seit dem verändert. Technisch gab es jedoch neue Motoren und auch Akkus mit einer größeren Kapazität. Noch heute wird der i3(s) von vielen als futuristisch wahrgenommen. Auch bei uns gilt: Wir bei TOP ZONE finden den i3(s) klasse. Er hat ein einmaliges Design, ist von Grunde auf als Elektroauto gestaltet, fährt sich wunderschön und ist absolut hochwertig verarbeitet. Der BMW i3(s) zählt (wahrscheinlich nicht zuletzt wegen unserer Reise mit ihm) bei uns in der Redaktion zu den beliebtesten Elektroautos überhaupt. BMW hat mit dem tollen i3(s) damals einen wunderbaren Start für die E-Mobilität gelegt und große Pläne mit der i-Reihe gehabt. Leider ist BMW jedoch bis heute nicht wirklich losgesprintet, obwohl sie so früh dabei waren. Stattdessen lackieren die Münchener die Startlinie scheinbar immer noch um und können sich nicht einigen mit welchem Auto sie nun versuchen wollen hinterherzusprinten.

Der noch recht frisch präsentierte MINI Cooper SE hatte bei uns große Hoffnung, während das Konzept existierte. Ein futuristisches, aber dennoch bodenständig bleibende Design – ähnlich dem i3(s). Doch leider blieb es bei der Hoffnung. Bei der Vorstellung des Fahrzeuges platzte die schöne Blase eines zukunftsweisenden und futuristisch gestalteten MINIs und entpuppte sich als BMW i3(s) unter einer MINI-Karosserie. Dennoch kann der MINI sicherlich Spaß machen, aber aggressiv den Markt kann BMW damit nicht angreifen – auch wenn es aufgrund dessen, dass es eben ein MINI ist seine Käufer finden wird.

Somit hat BMW (zumindest in Kürze) zwei Elektroautos auf dem Markt, welche technisch – nicht aber optisch – nahezu das gleiche Modell sind.

13 Elektroautomodelle zwei Jahre früher als bisher geplant

BMW hat ja erst vor kurzem den i3(s) offiziell bis 2024 abgekündigt, obwohl dieser gerade in Deutschland stetig eines der meistverkauften Elektroautos ist. Wie BMW sein einziges Elektroauto einstellen kann und gleichzeitig die E-Mobilität befeuern will, klingt erstmal merkwürdig. BMW hat nämlich (jedoch schon im Juni letzten Jahres) verlautbart, dass die komplette BMW Group ihren „Future Highway 2025“ beschleunigt und den Ausbau der Elektromobilität erhöht. Die bislang für 2025 angekündigte Zahl von 25 „elektrifizierten Modellen“ will BMW nun bereits 2023 anbieten. Grundlage dafür sind zwar auch Verbrenner, aber BMW gibt (wenn auch recht schwammig) an, dass „mehr als die Hälfte“ der 25 Modelle Elektroautos sein werden.

Konzepte gibt es…

Also wird ab diesem Jahr bei BMW alles auf E-Mobilität umgestellt? BMW hat – wie eben erwähnt – positiv gerechnet aktuell zwei Elektroautos im Angebot. Den abgekündigten BMW i3(s) und den noch nicht gestarteten MINI Cooper SE. Welche Autos im Detail die 13 Elektroautos in nächsten vier Jahren ausmachen sollen, steht offiziell noch nicht fest. Die restlichen „elektrifizierten Modelle“ werden wohl leider modifizierte Verbrenner sein.

BMW Vision M NEXT
© BMW Group, 2019

Im Rahmen von „#NEXTGen“ zeigte BMW letztes Jahr ein paar Konzepte, was BMW zukünftig eventuell auf die Straße bringt. Der BMW Vision M NEXT soll einen Ausblick auf die Zukunft der Marke BMW in Form eines Sportwagens geben. Sieht zwar klasse aus, klingt jedoch leider nicht gerade nach Massenmarkt – wird aber ein wahrscheinlich gelungener Nachfolger des BMW i8. Dadurch wäre der i8 auch endlich ein Elektroauto.

BMW Vision DC Roadster
© BMW Group, 2019

Ein bisher tatsächlich gänzlich neues Konzept ist das Elektromotorrad BMW Vision DC Roadster. BMW präsentiert das sogenannte „Naked-Bike“ als „emotionales“ Motorrad mit elektrischem Antrieb. BMW will hiermit präsentieren, wie ein BMW Motorrad mit elektrischem Antrieb aussehen könnte und wie macht man es auf den ersten Blick als BMW Motorrad weiterhin erkennen könne. Doch nach wie vor sind die Autos selbst das Massengeschäft der Fahrzeughersteller. Was hat da BMW offiziell also konkret an Elektroautos in der Pipeline?

Die drei Musketiere

BMW iNEXT, BMW iX3 und BMW i4
© BMW Group, 2019

BMW setzt derzeit scheinbar alle Hoffnung neben dem MINI Cooper SE auf vor allem drei zukünftige Modelle. Der kompakte BMW i3(s) war den Kollegen aus München scheinbar zu kompakt. Angekündigt sind nämlich der BMW iNEXT, der BMW iX3 und auch der BMW i4. Drei Elektroautos, welche von zwei SUVs über eine 4er-Reihe reichen. Bekannt sind die Karossieren zwar grundsätzlich schon – wenn auch nur in der Form, da sie teilweise im Grunde noch Erlkönige sind. Aber die Frage bleibt offen, ob sie wirklich kommen und wenn ja wann das sein wird.

Der Grundgedanke des i4 herrschte schon 2012 zum Launch des i3(s), als BMW die i-Reihe groß machen wollte. Die eigentliche Präsentation folgte dann „schon“ sieben Jahre später.

Der iNEXT und iX3 sind zwar schon Anfang 2018 präsentiert worden und auch wir konnten uns das Exterieur des iNEXT schon ansehen. Aber seit Anfang 2018 ging es bis vor kurzem (zumindest in der Öffentlichkeit) auch nicht wirklich weiter voran.

Nun sind inzwischen ein paar Details zum iX3 bekannt. So soll der als Heckmotor eingesetzte E-Antrieb 200 kW leisten, das Drehmoment soll bei 400 Nm und die WLTP-Reichweite soll bei mehr als 440 Kilometern liegen. Der Akku soll zudem eine Netto-Kapazität von 74 kWh erhalten. Auch der Verbrauch von unter 20 kWh pro 100 Kilometer klingt nett. Insgesamt klingt das Fahrzeug zwar spannend und wir freuen uns auch auf einen ausführlichen Test mit ihm, aber was ist mit dem i4, dessen Idee es seit Anfang des letzten Jahrzehnts gibt – Kommt er wirklich im nächsten Jahr?

Neben dem iX3 bzw. dem i4 gibt es also seit vielen Jahren Konzepte und aktuell werden vor allem die oben genannten „drei Musketiere“ auf Messen und Events präsentiert, aber meist heißt es dennoch „der Start sei noch nicht festgelegt“.

Das neuste Konzept im Bereich Wasserstoff

BMW i Hydrogen NEXT
© BMW Group, 2019

Doch nicht nur akkubetriebene Elektroautos stehen bei BMW auf der Liste. Der blau-weiße-Automobilhersteller will sich ab 2022 auch auf wasserstoffbetriebene Elektroautos konzentrieren. Im Rahmen dessen hat BMW Anfang September den i Hydrogen NEXT präsentiert. Doch leider soll dieses Konzept (mal wieder) nur einen Ausblick geben und zeigen, wie sich die Technologie in den X5 (Verbrenner) integrieren lassen würde. Immerhin: In zwei Jahren will BMW dann ein wasserstoffbetriebenes Elektroauto „in einer Kleinserie“ produzieren.

Doch BMW verrät auch, dass es leider noch mindestens fünf Jahre dauern wird, bis „die BMW Group Fahrzeuge mit Brennstoffzelle für Kunden anbieten“ wird.

Die Zukunft ist ungewiss

Während dessen haben andere Hersteller vom amerikanischen und asiatischen Kontinent den deutschen Herstellern die Elektroautokunden regelrecht entzogen – das gilt auch für Daimler und Volkswagen. Wobei letzterer gerade ordentlich Dampf macht(, aber das ist ein anderes Thema).

Was wird also aus BMW in den kommenden Jahren? Schafft es der bayerische Konzern mit ihren angekündigten mindestens 13 Elektroautomodellen bis 2023 das Blatt zu wenden? Recherchiert man ein wenig, fällt einem auf, dass die Kollegen bei BMW doch viel darüber nachdenken wie „die Zukunft“ aussehen könnte. Doch irgendwie bleibt das Gefühl, dass es auch noch nicht so viel mehr sein soll als „die Zukunft“. Scheinbar will man sie nicht so richtig zur Gegenwart machen. Irgendwie will BMW aber trotzdem in die E-Mobilität einsteigen. Doch dafür nehmen sie den recht erfolgreichen i3(s) vom Markt, bringen den i3(s) technisch nochmal als MINI raus und lassen in ihren „elektrifizierten Modellen“ bis 2023 rund die Hälfte als Verbrenner drin. Das klingt alles irgendwie sehr halbherzig…

Aber gehen wir mal davon aus, BMW bringt in den nächsten Jahren wirklich eine Vielzahl an neuen Elektroautos, welche auch als solche konzipiert sind (ähnlich dem i3(s)) und wo nicht einfach bei einem bereits vorhandenen Verbrenner-Modell ein Akku reingelegt und der Motor ausgetauscht wurde – wie beim MINI Cooper SE. Dann könnte es eventuell sein, dass BMW den großen Abstand zu den anderen Herstellern wenigstens wieder ein klein wenig reinholen kann. Doch wann will BMW mit dem ersten der 13 Elektroautos loslegen? Wollen sie diese Anzahl wirklich bis 2023 erreichen, hätte BMW in drei Jahren eine schöne Anzahl an Modellen zur Verfügung, aber das würde bedeuten, dass sie bis dahin pro Jahr knapp vier neue Elektroautofahrzeuge auf den Markt bringen müssten. Ein guter Start wären also „die drei Musketiere“, welche wir dementsprechend alle dieses Jahr erwarten müssten, doch das wird wohl nicht der Fall sein. Derzeit hört man nur davon, dass der iX3 2020 starten soll…

Doch was, wenn es BMW nicht schaffen sollte? Was, wenn der Traditionskonzern mit dem i3(s) zwar vor knapp sieben Jahren den richtigen Schritt getan hat, aber nun (ähnlich wie NOKIA in der Smartphone-Branche) den Anschluss nicht mehr finden kann?

Wir hoffen, dass BMW noch viel in Petto hat, um die riesigen Abstände wieder aufzuholen. Doch vor allem bezahlbare Kleinwagen werden für den Durchbruch benötigt und davon hat BMW in den Konzepten leider derzeit kein einziges…


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