Kolumne – Mut geht anders

Im Jahr 2013 brachte ein noch recht unbekanntes Unternehmen ein neues Oberklasse-Model auf den Markt. Viele nahmen dieses Ereignis gar nicht so wichtig, denn die Oberklasse war ja fest in deutscher Hand. Und daran sollte sich so schnell auch nichts ändern. Mit der S-Klasse hatte Mercedes bereits seit Jahrzehnten einen Verkaufsschlager im Angebot.

Was ist da bloß?

Doch das Selbstvertrauen schwand langsam dahin, nachdem die Verkaufszahlen des Newcomers sich gut entwickelten und der S-Klasse ordentlich Kunden abhanden gekommen waren. Viel ärgerlicher war für die Branche, dass der neue Player mit seinem Image durch die Decke ging. Ein Hype ähnlich wie bei Apple entwickelte sich. Der Traum eines jeden Unternehmens. Und der Albtraum der Konkurrenz. 

Natürlich sprechen wir von Tesla und seinem Model S. 

Viel zu spät oder doch zur rechten Zeit?

Spätestens seit 2015 überschütten uns die Hersteller mit neuen Fahrzeug-Studien, die unsere Fortbewegung in der Zukunft zeigen sollen und die Erwartungen der Kunden hochschrauben. Immer mit dem Titel: Jetzt kommt der Tesla-Jäger. Doch ein Serienfahrzeug war lange Zeit nicht in Sicht. 

Erst das Jahr 2018, also ganze fünf Jahre nach dem Tesla Models S, brachte drei Serienfahrzeuge hervor: 

Der Jaguar I-PACE wurde bereits im März 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein frisches Design sowie ein überzeugendes Technik-Paket mit rund 470 km Reichweite nach WLTP machten einen ersten gelungenen Eindruck.

© Jaguar Land Rover Limited 2018

Ganze sechs Monate später folgte Mercedes mit seinem neuem EQC. Das Design wirkt noch recht eigenständig und annehmbar, doch auf der Technik-Seite hört die Freude auf. Lediglich 450 km Reichweite nach dem alten Prüfstandard NEFZ. In der Praxis werden es wohl nicht mehr als 350 km werden. Dies ist schon vor Marktstart nicht mehr konkurrenzfähig.

© Daimler AG 2018

Nach weiteren 2 Wochen gelingt nun auch Audi eine Präsentation seines lange angekündigten e-tron. Die technischen Daten orientieren sich in vielen Details am Jaguar. Audi hat aber zum Glück gemerkt, dass in der Praxis die Ladezeiten nicht ganz unwichtig sind. So kommt der neue Audi mit einer Lade-Möglichkeit von bis 300 kW. Die Reichweite soll bei über 400 km nach WLTP liegen. Das hochmoderne Cockpit entspricht dabei dem A6 bzw. A8.

© Audi AG 2018

Der Jaguar ist wohl der ernsthafteste Konkurrent in diesem Umfeld für Tesla, oder auch die aufstrebende Konkurrenz aus Asien. Die Erwartungen lagen aber wohl bei allen drei Fahrzeugen bei über 500 km nach WLTP.

Die Kaufpreise der ausgewählten Neulingen liegen bei wahrscheinlich rund 70.000 € (Mercedes, keine offizielle Angabe) bis zu 79.900 € für den Audi. Der Jaguar sortiert sich mit 77.850 € knapp dahinter ein. Bezahlbare Elektromobilität sieht wohl anders aus. 

Doch der vierte Neuling fehlt: Wo ist der neue vollelektrische BMW? Das macht uns am traurigsten. Insbesondere BMW hat mit dem i3 einen überzeugenden Elektroflitzer im Angebot. Mit neuen Werkstoffen, einem einzigartigen Design und viel Freude am Fahren. Und das bereits seit 2013! BMW könnte bereits seit Jahren ein vollelektrisches SUV auf den Straßen haben. Doch da sind wir wieder beim Thema. Der mutige Weg wurde nicht zu Ende gegangen und stattdessen ist man erstarrt in München.

Mut geht anders

Nur was ist mit der deutschen Leitindustrie los? Neue Innenraum-Konzepte, neue grundlegende Designs? Fehlanzeige. Das bleibt mal wieder nur den Fahrzeug-Studien vorbehalten. Die neue elektrische Basis bietet so viele neue Ansätze, doch nichts davon wird in der Serie umgesetzt. Man könnte auf weniger Verkehrsfläche mehr Platz für die Passagiere im Innenraum schaffen. Die Fahrzeuge könnten somit kürzer werden, was nicht nur überfüllten Innenstädten zugute kommt, sondern auch dem Gewicht und somit schließlich der Effizienz, also der Reichweite.

Das Automobil wird immer noch so gedacht wie vor fast 100 Jahren. Fortschritt sieht nach unserer Meinung anders aus. Dabei wäre genau jetzt der Zeitpunkt, um Mut zu zeigen und Tesla mit eigenen, frischen Konzepten zu begegnen. So überlässt man den Markt anderen und hofft, dass sie an ihren Problemen scheitern. Doch was, wenn nicht? Wir sagen da nur: Nokia … 


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